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Donnerstag, 9. November 2017

SmartStress

LaScotia schreibt über das smarte Leben ihrer Freundin und jemand, der ein undigitales Leben so mag wie ich, kann darüber schmunzeln.

Mein Traumleben wäre irgendwo im Grünen. Ein alter, kleiner Hof auf dem alles ist, was man braucht um sich selbst zu ernähren und noch ein bisschen Platz für die Hobbytiere.
Dieser Hof hätte vermutlich Strom, aber nicht unbedingt fließend warmes Wasser. Dafür hätte er einen Ofen, der die wichtigsten Räume heizen kann und einen Badofen für warmes Wasser.

Ich hätte dort kein Smartphone und wenns nach mir geht, ist das Internet, wenn es denn sein muss, einmal die Woche an für das nötigste, was man so machen muss wie Onlinebanking und so weiter. Ganz ohne Internet gehts irgendwie nicht mehr, zumindest nicht ohne Mehrkosten oder deutliche Unannehmlichkeiten. Denke ich.

Es ist nicht so, dass ich Technikfeind bin. Im Gegenteil, speziell das ein oder andere aus dem Smarthomebereich finde ich praktisch. Per Smartphone ansteuerbare Lampen zum Beispiel. Oder die Möglichkeit, faul auf dem Sofa sitzend die Musik im Handy auszuwählen statt aufzustehen und eine CD einzulegen.

Aber eigentlich fühlt es sich oft an, als sei ich Sklavin meiner Handys. Ich bin süchtig. Mangels Nachttisch und dank Kurzsichtigkeit
der aufmerksame Leser erkennt,
dass ich mich an dieser Stelle schon rechtfertige
liegt das Handy nachts oft unterm Kopfkissen. Da fällt es nicht runter, ich habe bei Bedarf eine Uhr in lesbarer Entfernung und ich kann den Handywecker direkt ausschalten morgens. Wenn ich mal nicht schlafen kann spiele ich Candy Crush bis mir die Augen zufallen. Ich habe eine Standardrunde von Seiten, die ich täglich ansurfe, einige davon schon vor dem Aufstehen wenn ich die Zeit dazu habe.
Ich erkenne die Sucht und ich leide darunter. Allerdings nicht genug um auf die Annehmlichkeiten zu verzichten, die es mir bietet:
*Der leicht zu programmierende Wecker, der jeden Tag zu einer anderen Zeit klingelt ohne dass ich ihn abends noch mal stellen müsste.
*Das Onlinebanking per App
*Routenplanung und Navigation
*Mails immer und unterwegs abrufen und schreiben zu können
*schnell was googlen können statt es mir merken zu müssen um es zu Hause nachzuschlagen
*Notizen machen
*Fotos und Videos unbegrenzt, in guter Qualität machen
*vor allem: in Kontakt bleiben via Whatsapp, Threema und Co.
*...

Es ist ja nicht alles schlecht. Aber der Preis den ich dafür zahle, sehe ich auch. Das Ding klaut mir Zeit und Nerven. Ähnlich wie ein Raucher sich in die nikotinunterstützte Pause flüchtet vor Stress, so flüchte ich mich in die Welt von webfail, picdumps und 9gag. Kurz denn Alltag Alltag sein lassen und die Gedanken an was lustiges oder erstaunliches verschwenden...
Natürlich kann man jetzt sagen "was früher Bücher waren, ist heute halt ein Smartphone" und ganz falsch ist es nicht. Aber eben auch nicht ganz richtig, denn mit einem Smartphone will man dauernd Multitasken, also ich zumindest. Es sind oft mehrere Tabs gleichzeitig offen, mehrere Apps gleichzeitig, man switched dauernd hin und her... Alle CandyCrushLeben aufgebraucht? Egal, dann halt mal kurz gucken was es bei webfail neues gibt, ob jemand was neues gebloggt hat, oder kurz eine Runde Sudoku? Ok, ist auch langweilig also zurück zu CandyCrush, da gibts immer noch keine Leben also mal kurz Mails checken - Ikea schickt einen Newsletter, also mal reinschauen, zack weiter gehts zu CandyCrush, ach nee, ich wollte ja noch kurz meinen Kontostand checken und dann noch kurz einen Preis in der Amazonapp nachschauen und überhaupt, irgendwas wollte ich doch noch vielleicht fällt es mir ein wenn ich die Fotos durchschaue? Nein, da klingelt nix aber vielleicht bei den Apps, Himmelherrgott, ich kann doch nicht so vergesslich sein, egal, schaue ich eben mal nach neuen Bildern bei 9gag....... Es macht mich schon kirre wenn ich das nur schreibe.
Bücher habe ich bewusster genossen, während der Griff zum Handy so automatisch ist, dass hat nichts mit bewusst zu tun. Schon gar nichts mit Genuss.

Ich hoffe, ich kann mir irgendwann meinen Traum erfüllen und mein Leben deutlich entschleunigen. Dieses schwarze, teure Ding, was so viele Vorteile bringt, ich kriege die Sucht nur in den Griff wenn ich einen kalten Entzug mache. Am Besten mein Leben lang.


4 Kommentare:

  1. Ich hab ja aus ganz genau diesem Grund kein Smartphone.
    Ich ersetze es zu Hause halt durch den Laptop und auch das stößt mir sauer auf. Ständig is das Ding an, aber ich hab ja nie Zeit für was. Haha. Wenn ich die ganze Online-Zeit mal sinnvoll einsetzen würden, HÄTTE ich.
    Immerhin bin ich unterwegs wirklich offline. Das ist eigentlich ganz angenehm. Es ist irgendwie schön, noch was von der Welt mitzukriegen und mit Leuten zu interagieren. Und es läuft mir kalt den Rücken runter, wenn ich all die Smombies sehe.
    Genau aus diesem Grund und weil ich immer noch keinen Mehrwert für mich sehe (außer vielleicht, dass die Kamera schon direkt am Internet is): KEIN SMARTPHONE FÜR MICH.
    Auch wenn alle immer jammern, dass ich kein Whatsapp habe. Dadurch verpasse ich manches wichtige, aber auch ganzganzganz viel unwichtiges. Von daher: Kein so großer Verlust. Die Leute, denen ich wichtig bin, schreiben dann halt ne Mail oder ne SMS. Dann weiß ich auch Bescheid. Über einiges ;)

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  2. Darüber habe ich auch schon desöfteren nachgedacht, aber ich bin nunmal digital native und verwende das smartphone auch viel:

    - bahntickets kaufen
    - navi
    - telefonieren
    - termine aufschreiben
    - notizen für restaurants
    - generell wallet für tickets
    - podcasts anhören
    - skype

    erst danach kommt facebook. also nicht von der häufigkeit her, aber zumindest vom stellenwert her. bin auch nicht mehr so aktiv dort, wozu auch.

    Es wäre grundsätzlich schön, die sucht etwas loszuwerden, aber für mich ist es eben doch erst einmal ein werkzeug, welches mir mein leben erleichtert.
    Folglich werde ich nicht darauf verzichten wollen.

    Für wieviel verwendest Du dein Smartphone produktiv?

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    1. produktiv? Telefonieren, Mailen und so weiter. Ansonsten siehe oben.

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